Erwiesenermaßen lernen wir schneller, wenn wir wissen, was wir gerade lernen sollen. Je komplexer das zu erlernende Wissen ist, umso wichtiger wird die Strukturierung und Aufteilung desselbigen für uns.

Ähnlich wie in unserem Schulsystem, gibt es auch im WingTsun „Schulklassen“, die sich gezielt mit Aufgaben und Herausforderungen beschäftigen, die dem jeweiligen Kenntnisstand der Schüler entsprechen. Ein großer Unterschied zu unserem Schulsystem besteht jedoch darin, dass wir unsere Schüler einzeln und individuell fördern wollen und daher nicht an den Fortschritt einer Gruppe binden möchten. Aus diesem Grund gibt es keine Klassen, sondern Schülergrade, mit denen jeder WT-Schüler ein Lernkapitel individuell für sich abschließen kann.

Wie lange braucht man für einen Schülergrad?

Bei zwei Trainingseinheiten pro Woche beträgt die durchschnittliche Vorbereitungszeit auf den nächsten Schülergrad anfänglich 3 Monate. Auf Lehrgängen kann in vertrauter Atmosphäre das Wissen dann resümiert und die letzten Fragen geklärt werden. Nach 12 Schülergraden folgen die „Hohen Grade“, welche mit zusätzlicher pädagogischer Ausbildung mit einer Trainerqualifikation einher gehen.

Wie lange brauche ich um einen Meistergrad zu erhalten?

Siehe hierzu auch die 10.000 Stunden Regel

Wenn du diese Regel über 10 Jahre aufteilst, sind das 1.000 Stunden, die du jährlich üben musst. Wenn du jeden Tag des Jahres übst, sind das stolze 2,73 Stunden pro Tag. Selbst wenn du den Zeitraum auf 15 Jahre ausdehnst, musst du trotzdem noch 1,82 Stunden pro Tag mit Üben verbringen.

https://www1.wdr.de/wissen/mensch/zehntausend-stunden-regel-100.html

In einem Interview wurde Keith Kernspecht mal gefragt, wie viel er denn die letzten Jahrzehnte so trainiert hat.

Er konnte zwar keine konkrete Zahl nennen. Doch er meinte, es waren über die vielen Jahre in denen er Wing Tsun trainierte, jeden Tag MINDESTENS zwei Stunden – von Krankheit und so mal abgesehen.

Nehmen wir mal die Trainingsgewohnheiten von Bruce Lee her: In seinem Buch „The Art of Expressing the Human Body“ findet sich auch ein Auszug aus seinem Trainingstagebuch aus dem Jahre 1968.

Daraus kann man entnehmen, dass Bruce Lee zum einen mal jeden Tag trainiert hat.

Und zum anderen kann man daraus entnehmen, dass er wirklich jede freie Minute trainiert hat. Er hat darin nämlich immer mal wieder wichtige Termine vermerkt, die er wahrnehmen musste. Doch das hat ihn keineswegs von seinem Training abgehalten.

Er hat einfach öfter am Tag trainiert. Zum Beispiel hat er bereits in der Früh den Boxsack bearbeitet, ist dann zu Mittag eine Runde laufen gegangen, hat am Nachmittag etwas Bauchmuskeltraining eingeschoben und dann am Abend mit Leuten wie Ted Wong und Chuck Norris Chi Sao trainiert.

Als letztes Beispiel noch eine Anekdote über Leung Ting:

In seinem Buch „Biu Tze – The Thrusting-Fingers set“ liest man etwas darüber, wie er als noch junger Wing Tsun Übender einmal am Strand auf eine Blechdose gestiegen ist und sich dabei stark geschnitten hat.

Jeder andere wäre wohl ins Spital nähen gegangen. Nicht so der junge Leung Ting. Der ist lieber zum allabendlichen Training erschienen. Denn keinesfalls wollte er es ausfallen lassen.

Muss man an Prüfungen teilnehmen?

Hinter der Frage verbirgt sich oft die Vermutung, dass eine WingTsun-Prüfung mit großem Stress verbunden ist. Diese Annahme ist falsch. Ein Prüfungslehrgang macht vor allem Spaß! Es ist vielmehr wie ein intensiveres und längeres Training, in dem man die Inhalte der letzten Wochen und Monate wiederholt und  diese miteinander verbindet. Du musst weder etwas vor versammelter Mannschaft vormachen, noch fällst du bei einem Fehler durch.
Zu der Frage: Ja, die Schülergrade sind ein wichtiger Baustein in unserem Training und gehören für jeden Teilnehmer dazu.